Klärungsorientierte Psychotherapie

Klärungsorientierte Psychotherapie

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R.Sachse, Hogrefe:
Klärungsorientierte Psychotherapie

Die Klärungsorientierte Psychotherapie ist als Teil einer Psychologischen Psychotherapie aus der Zielorientierten Gesprächspsychotherapie sowie der Kognitiven Therapie entwickelt worden. Die Klärungsorientierte Psychotherapie ist spezialisiert auf die Repräsentation und Veränderung affektiver und kognitiver Schemata, die Problemen wie z.B. Ängsten, Depressionen und Persönlichkeitsstörungen zu Grunde liegen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Strategien der Beziehungsgestaltung und der differenziellen Beziehungsgestaltung sowie auf dem Umgang mit "schwierigen Klienten".

In diesem Buch wird die theoretische Fundierung eines Klärungs- bzw. Explizierungsprozesses erarbeitet und es werden Strategien der therapeutischen Informationsverarbeitung und Modellbildung dargestellt. Behandelt werden außerdem der Umgang mit schwierigen Interaktionssituationen und Vorgehensweisen der komplementären Beziehungsgestaltung.



Rezension aus der Zeitschrift "Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung" (3/03)
Was ist Klärungsorientierte Psychotherapie? ,,Klärungsorientierte Psychotherapie ist eine spezifische Therapieform, die bei bestimmten Klienten mit bestimmten Eingangsvoraussetzungen und Problemen indiziert ist, die spezifische Therapieziele verfolgt und dazu spezifische Interventionen und Strategien verwendet und beim Therapeuten eine spezifische Expertise voraussetzt" (Sachse 2002, 5. 1 3).

Dies ist der erste Satz aus dem zu rezensierenden Buch - mit einer ersten Standortbestimmung. Man kann dies als klare Absage an den Anspruch anderer Verfahren verstehen, alle psychotherapeutischen Aufgabenstellungen sämtlich mit einem Ansatz bewältigen zu können. Sachse betont dagegen die eigene Begrenzung - und macht zugleich deutlich, dass die klärungsorientierte Psychotherapie ganz eigene Möglichkeiten erarbeitet hat, die sich nicht einfach aus den Grundbedingungen etwa der Gesprächstherapie oder der Verhaltenstherapie ergeben.

Man lernt aus dem ersten Satz auch etwas über den Stil des ganzen Buches. Sachse kommt es nicht immer darauf an, eine schöne und ausgefeilte wissenschaftliche Prosa zu schreiben, sondern eher, sein Anliegen dicht und konzentriert aufs Papier zu bringen. Man sollte sich durch diesen besonders abstrakten Satz allerdings auch nicht abschrecken lassen, denn zumindest da, wo es um die Praxis geht, ist das Buch voll mit griffigen Konzepten und anwendungsnahen, lebendigen und leicht verständlichen Handlungsanweisungen für den Therapeuten, die zu lesen immer wieder aufregend ist.

Das Buch gliedert sich in insgesamt 12 Kapitel, wobei die ersten sieben Kapitel die therapietheoretischen Voraussetzungen, Grundlagen und Entwicklungslinien der Klärungsorientierten Psychotherapie beschreiben und herausarbeiten. Hier geht es um Basiskonzepte der Klärungsorientierten Psychotherapie, therapeutische Prinzipien und Regeln, den Therapieprozess, therapeutisches Verstehen und Modellbildung, um Explizierungstheorie und -prozess.

Der dann folgende Interventionsteil des Buches gliedert sich in Kapitel über die Interventionen und Strategien auf inhaltlicher Ebene sowie die dabei auftretenden ungünstigen Strategien (und die therapeutischen ,,Gegenmittel") auf der Bearbeitungs- und auf der Beziehungsebene. Das abschließende Kapitel widmet sich den empirischen Ergebnissen zur Klärungsorientierten Psychotherapie.

Von Rainer Sachse sind in den letzten Jahren nicht gerade wenige Bücher erschienen (zum Beispiel die ,,Praxis der Zielorientierten Gesprächspsychotherapie", das ,,Lehrbuch der Zielorientierten Gesprächspsychotherapie", oder die ,,Psychologische Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen", um nur einige zu nennen). Die Frage stellt sich somit: ist das Buch wirklich neu (so dass es auch den neuen Titel rechtfertigt), oder ist es eines der früheren Bücher in einem neuen Gewand? Die Antwort: Natürlich ist nicht alles ,,neu", Sachses Gesamtkonzeption hat sich nicht grundlegend geändert, seine Therapie-, seine Explizierungstheorie sind im Kern die gleichen geblieben. Aber im Vergleich mit der ,,Praxis der Zielorientierten Gesprächspsychotherapie" umfasst das neue Buch eben mit gutem Grund über 100 Seiten mehr. Theorie- wie Interventionsteil wirken ausgearbeiteter und ausgereifter und es wird insgesamt eine in sich vollständig wirkende Therapiekonzeption vorgelegt.

Sachse grenzt sich erneut deutlich von einigen Grundannahmen der von Rogers geprägten Gesprächspsychotherapie ab, und gibt unüberprüfbare Prämissen, wie die der (blockierten) ,,Aktualisierungstendenz"' zugunsten der Annahme auf, dass es biographisch determinierte kognitive und affektive Schemata seien, die behandlungsbedürftige intra- und interpersonale Probleme determinieren. Außerdem zitiert er die bekannten empirischen Befunde, dass auch von einer klientenzentrierten Grundhaltung geleitete Therapeuten das Klientenverhalten sehr wohl aktiv und zielgerichtet beeinflussen. Der Therapeut ,,spiegelt" nicht nur das Klientenverhalten, sondern er ,,steuert' es in Abhängigkeit von Merkmalen des Klienten und des therapeutischen Prozesses aktiv (sog. ,,Prozess-Direktivität"). Andere, besser mit der Grundlagenforschung vereinbare Kernmerkmale des klientenzentrierten Ansatzes, etwa die zentrale Bedeutung affektiver Schemata und ihrer therapeutischen Bearbeitung, werden hingegen auch von Sachse aufgenommen und weiterentwickelt.

Grundlage des Vorgehens ist die Unterscheidung der drei therapeutischen Ebenen: Inhaltsebene, Bearbeitungsebene und Beziehungsebene. Der Therapieprozess kann dabei stets unter jeder dieser Perspektiven betrachtet werden. Wesentlich ist, dass die eigentlich interessierenden Klärungen auf der Inhaltsebene (Klärungen relevanter Motive, Schemata, Ziele, ihre Integration in das Selbstkonzept oder ihre Veränderung) nur dann voran kommen können, wenn auf der Bearbeitungs- und der Beziehungsebene keine ,,Störungen" vorliegen. So können Bearbeitungsstrategien dysfunktional sein, wenn zum Beispiel die Verantwortlichkeitsübernahme für Probleme vermieden wird, eigene Gefühle nicht als Quelle wichtiger Informationen erkannt oder genutzt werden, oder eine Beschäftigung mit eigenen Defiziten als bedrohlich erlebt wird. Personen erkennen oft nicht, dass die Art ihrer Problembearbeitung unflexibel und schematisch abläuft und dass es alternative Strategien gäbe. In dieser Fällen müssen die Bearbeitungsstrategien selbst zum Ziel therapeutischer Veränderung werden (,,Bearbeitung der Bearbeitung"), bevor (auf der lnhaltsebene) Klärungen und Veränderungen erreicht werden können. Ähnlich können problematische Beziehungsschemata vorliegen, die zum Beispiel zum Thema haben können, andere Personen zu kontrollieren oder zu manipulieren, die sehr rigide ablaufen. In diesem Fall ist eine therapeutische Arbeit auf der Beziehungsebene vorrangig. Je nachdem, ob die Probleme eines Patienten auf der Inhaltsebene, oder auch auf Bearbeitungs- und / oder der Beziehungsebene liegen, ergeben sich damit therapeutische Strategien, die von Sachse im eigentliche Interventionsteil des Buches genau beschrieben den. Dieser Teil enthält unzählige Anwendungen für Probleme, die sich den im weitesten Sinne auf der Basis eines klienzentrierten Ansatzes arbeitenden .Therapeuten tagtäglich stellen dürften:

Wie begegne ich Problemen mit Arbeitstrag und Prozessverantwortung; wie reagiere ich auf Vermeidungsstrategien; wie gehe ich mit schwierigen lnteraktionssituationen um?

Wie im Therapieprozess, so auch mit diesem Buch: Ohne Verständnis keine Veränderung. ,,Verständnis" (im Sinne der psychologisch fundierten Rahmennzeption der Psychotherapie von einer Theorie des Verstehens bis zum Explizierungsprozess) hat uns Sachse im ersten Teil des Buches aber längst mitgeliefert und so sind seine Handlungsanweisunen für den Therapeuten nicht ein Sammelsurium von Einzellösungen, sondern Teil einer Gesamtkonzeption. Gut ableitbar damit lernbar und hoffentlich auch als ,,therapeutisches Schema" nutzbar. Eine ähnlich handlungsnahe und auch im Kontext der oft verwirrenden Aufgabe ,,Klärung" lnterventionssicherheit versprechende Darstellung ist mir im Kontext der Gesprächstherapie-Literatur nicht bekannt

Ist nun, dies zum Abschluss, die neue Bezeichnung ,,Klärungsorientierten Psychotherapie" gerechtfertigt? Sachse übernimmt zwar die Basisprinzipien der Gesprächspsychotherapie, geht aber durch den Einbezug von Konzepten aus der process-experiential psychotherapy, der Kognitiven und interaktionellen Verhaltenstherapie und der Gestalttherapie auch entscheidend darüber hinaus. Die begriffliche Abgrenzung von der Gesprächspsychotherapie erscheint deshalb nachvollziehbar. Das wesentliche, dabei aber klare und begrenzte Ziel des Ansatzes sei ,,Klärung" - als eines spezifischen Teilaspekts oder Wirkprinzips therapeutischer Veränderung - und die Kombination mit anderen, eher bewältigungsorientierten Therapieformen (Verhaltenstherapie) daher im Rahmen einer übergreifenden psychologischen Psychotherapie von Grawe problemlos möglich, und genau hier liegt auch die Zukunft von Sachses Konzeption.

Jürgen Hoyer



Aus der Amazon.de-Redaktion
Der Begriff "Klärungsorientierte Psychotherapie" ist nicht unbedingt gängig. Es besteht also Definitionsbedarf. So grenzt der Autor den Gegenstand im Laufe der Darstellung immer klarer ein. Er verdeutlicht, aus welchen Therapierichtungen sich diese neue Form entwickelt hat bzw. von welchen sie stark beeinflusst worden ist. Sachse betont, dass die Klärungsorientierte Psychotherapie nicht den Anspruch erhebt, eine allgemeingültige Therapie zu sein. Sie sei vielmehr als ein "Expertisesystem" zu verstehen; als ein Therapieinstrument, das in bestimmten Situationen gezielt eingesetzt werden kann. Er unterstreicht, dass dabei ein Zusammenspiel verschiedener Therapieformen notwendig ist.

Jedem Kapitel ist eine kurze Einleitung vorangestellt, so dass der Leser vorab entscheiden kann, ob die folgenden Seiten für ihn nützlich sein könnten. Der Aufbau des Buches ist klar. Es beginnt bei den Basiskonzepten der Klärungsorientierten Psychotherapie und geht dann über zu den therapeutischen Regeln und Prinzipien. Anschließend werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Verhältnis zur Gesprächspsychotherapie, zur Kognitiven Therapie und zur Interaktionellen Verhaltenstherapie präzise herausgearbeitet. Da die Klärungsorientierte Psychotherapie ein Therapieinstrument ist, nehmen die Beschreibungen der Interventionsmöglichkeiten breiten Raum ein. In der Regel setzen sie keine Vorkenntnisse voraus, eine Ausnahme ist z. B. der Abschnitt zum "Sokratischen Dialog". Erfreulich ist, dass immer wieder konkret auf Schwierigkeiten der praktischen Umsetzung eingegangen wird. So werden zum Beispiel Probleme behandelt, die sich bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen ergeben können. Auch der Fall, dass ein Patient vor Beginn der Therapie kontraproduktive Lösungsstrategien verfolgt hatte, wird bedacht.

Der kritische Leser will natürlich wissen, welche Ergebnisse die Klärungsorientierte Psychotherapie vorzuweisen hat. Die entsprechenden Studien werden im letzten Kapitel erörtert. Etwas gewagt erscheint die Schlussfolgerung Sachses, die für die Gesprächspsychotherapie gewonnenen Ergebnisse ließen sich deshalb auf die Klärungsorientierte Psychotherapie übertragen, da sie die therapeutischen Strategien der Gesprächspsychotherapie beinhalte.

Klärungsorientierte Psychotherapie ist dank seiner klaren Sprache auch für Laien verständlich. In erster Linie wendet sich das Buch aber an Praktiker und gibt ihnen kluge Anregungen für die therapeutische Arbeit.

Frauke Poganatz

Kurzbeschreibung

Die Klärungsorientierte Psychotherapie ist als Teil einer Psychologischen Psychotherapie aus der Zielorientierten Gesprächspsychotherapie sowie der Kognitiven Therapie entwickelt worden. Die Klärungsorientierte Psychotherapie ist spezialisiert auf die Repräsentation und Veränderung affektiver und kognitiver Schemata, die Problemen wie z.B. Ängsten, Depressionen und Persönlichkeitsstörungen zugrunde liegen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Strategien der Beziehungsgestaltung und der differentiellen Beziehungsgestaltung sowie auf dem Umgang mit "schwierigen Klienten". In diesem Buch wird die theoretische Fundierung eines Klärungs- bzw. Explizierungsprozesses erarbeitet und es werden Strategien der therapeutischen Informationsverarbeitung und Modellbildung dargestellt. Behandelt werden außerdem der Umgang mit schwierigen Interaktionssituationen und Vorgehensweisen der komplementären Beziehungsgestaltung.




Institut für Psychologische Psychotherapie Prof. Rainer Sachse - www.ipp-bochum.de